Ryūsuikai Aikibudō

Die Schule und ihr Curriculum

Aikibudō ist eine traditionsreiche japanische Kampfkunst, die als Vorläufer des modernen Aikidō gilt. Beim Ryūsuikai Aikibudō im Besonderen handelt es sich um eine Schule, welche sich gegen Ende der 1980er Jahre unter Leitung von Udo Bender entwickelte und ihren Ursprung auf die Stilrichtung Daitō-ryū zurückführt.

Den Schwerpunkt des Ryūsuikai Aikibudō 流水会合気武道 bildet das aikijūjutsu als Methode des waffenlosen Nahkampfes. Übersichtlich gegliedert, werden hier rund 160 Techniken in Form festgeschriebener Bewegungsabläufe (kata) vermittelt. Shoden, chūden und okuden bilden die übergeordneten Kataloge, die wiederum in kleinere Technikserien zerfallen. Aus der Übertragbarkeit zugrundeliegender Prinzipien resultiert ein umfassendes budō-System. So ist der Umgang mit verschiedenen Waffenarten integraler Bestandteil vorgenannter Technikkataloge. Dazu gehören Kurzstock (tanbō) und Langstock () ebenso wie Eisenfächer (tessen) und Dolch (tanken). Die praktischen Lehrgehalte werden ergänzt durch die Vermittlung philosophischer Aspekte sowie durch die Unterweisung in historischem Ideengut.


Ryūsuikai Aikibudō (tanbō)
© Rolf Feige, Ryūsuikai 2018

Zur Geschichte des Aikibudō

Dem Gründungsmythos zufolge liegen die Wurzeln des Aikibudō in einer göttlichen Kampftechnik namens tegoi, welche ebenfalls die sagenhafte Grundlage des sumō-Ringens bildet. Der Legende zufolge modifizierte Kaiser Seiwa im ausgehenden 9. Jahrhundert das althergebrachte Ringkampfsystem und schuf daraus eine Kampfkunst, die er an seine Nachkommen überlieferte. In der sechsten Generation gelangte die Tradition an Shinra Saburō Minamoto Yoshimitsu (1045-1127), der als hervorragender Bogenschütze und großer Stratege galt. Als dieser eine Spinne bei der Jagd beobachtete, offenbarten sich ihm die Mysterien der Harmonisierung entgegengesetzter Kräfte (aiki). Im Namen des gelehrten Aristokraten wurden die Techniken erstmals methodisch zusammengefasst. Das entstandene System erhielt in Anlehnung an seine Residenz später die Bezeichnung Daitō-ryū.

Sein Sohn Minamoto Yoshikiyo wurde in die Provinz Kai verbannt und änderte seinen Familiennamen in Takeda. Mehr als ein Dutzend Generationen danach gelangte die Kampfkunst an den berühmten Kriegsherren Takeda Shingen (1521-1573). Vor der Niederlage des mächtigen Kriegerclans bei der Schlacht von Nagashino im Jahre 1575 wurde die Lehre von Takeda Kunitsugu nach Aizu gebracht, wo sie Jahrhunderte lang unter der Bezeichnung kogusoku weitergegeben wurde. Nur den Mitgliedern der Daimyō-Familie und einer geringen Anzahl von Samurai war es gestattet, diese hohe Kunst zu erlernen. Darüber hinaus nahm das oshikiuchi des Aizu-Clans maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung des Aikibudō. Am Hofe des Shōgun Tokugawa Ietsuna entwickelte dessen Halbbruder Hoshina Masayuki (1611-1672) Kampftechniken, die eigens für den Gebrauch in den engen Kammern von Schloss Edo konzipiert waren. Die Daitō-ryū der Familie Takeda und das oshikiuchi des Lehnsherren Hoshina wurden zunächst separat überliefert.

Während der Meiji-Zeit verknüpfte Takeda Sōkaku (1859-1943) die beiden Systeme miteinander und unterrichtete diese Synthese unter dem Namen Daitō-ryū Aikijūjutsu. Als einer der bedeutendsten Meister seiner Zeit war er zudem bewandert im Umgang mit Speer (Hōzōin-ryū Takadaha) und Schwert (Onoha Ittō-ryū und Jikishinkage-ryū). Sōkakus bekanntester Schüler war zweifelsohne Ueshiba Morihei, der spätere Gründer des Aikidō. Gleichwohl gab er die Tradition an seinen Sohn Takeda Tokimune weiter. Heutzutage gibt es mehrere Organisationen, die das kriegerische Erbe des Aizu-Clans weitertragen. Zu nennen sind hier neben der Hauptlinie um Kondō Katsuyuki etwa der Takumakai, Kōdōkai, Roppōkai, Bokuyōkan und Daitōkai.

Der Initiator des Ryūsuikai Aikibudō, Udo Bender, begann 1969 mit dem Training des Nippon Jūjutsu unter Alfred Hasemeier und später unter Dr. Heribert Czerwenka-Wenkstetten. Aufgrund guter Kontakte der European Jujitsu Union zum Yōseikan und Nippon Seibukan hatte er die Möglichkeit, grundlegende Prinzipien des alten Ueshiba Daitō-ryū und des Gojū-ryū von Großmeistern wie Mochizuki Minoru und Suzuki Masafumi zu erlernen. Seit den späten 1980er Jahren unternahm Udo Bender regelmäßige Reisen nach Frankreich und Belgien, um seine Kenntnisse bei namhaften Lehrern zu vertiefen. Dabei übte die aiki-Lehre von Mochizuki Minoru weiterhin den stärksten Einfluss aus. Im Rahmen der Ausbreitung und zunehmenden Institutionalisierung des Aikijūjutsu in Europa kam es schließlich zu einer engen Zusammenarbeit mit Meistern anderer Schulrichtungen, woraufhin sich das Ryūsuikai Aikibudō – auch Nagaremizu-ryū genannt – ausbildete. Heute versteht sich die Schule als lebendiges und zugleich traditionsgeladenes Kampfkunstsystem. Der Shinmyōkan steht in engem Kontakt zum Ryūsuikai in Euskirchen.