Onoha Ittō-ryū Kenjutsu

Die Schule und ihr Curriculum

Die Onoha Ittō-ryū zählt zu den bedeutendsten Schwertkampfschulen Japans. Das System wurde gegen Ende des 16. Jahrhunderts von Ono Jirōuemon Tadaaki in direkter Nachfolge des Schwertvirtuosen Itō Ittōsai gegründet. Durch die Anerkennung als offizielle Hofschule der Tokugawa-Regierung hat sie über die Jahrhunderte viele berühmte Fechtmeister und eine bemerkenswerte Anzahl an Nebenlinien hervorgebracht. So etwa nahmen die Nakanishiha Ittō-ryū und deren Ausprägungen starken Einfluss auf die Entwicklung des modernen Kendō.

Das Curriculum des Onoha Ittō-ryū Kenjutsu 小野派一刀流剣術 umfasst mehr als 170 Verfahren (kumitachi), die mit Schwertern unterschiedlicher Länge ausgeführt werden. In Technikserien wie ōdachi, kodachi, goten oder hosshatō steht stets die Kontrolle der Zentrallinie im Mittelpunkt. Besondere Merkmale der Schule sind das Tragen kräftiger Unterarmprotektoren (onigote) seitens des Angreifenden und die Verwendung besonders robuster Blankschwerter. Darüber hinaus umfasst das System eine Vielzahl geheimer Strategien, die bis heute unverändert überliefert wurden. Das zentrale Prinzip der Onoha Ittō-ryū schlägt sich in der Wendung ittō soku bantō nieder – „Ein Schwert wie Zehntausend Schwerter“. Bekannt ist die Schule für ihren kiri-otoshi genannten Niederschnitt, in dem Abwehr und Angriff miteinander verschmelzen.


Onoha Ittō-ryū Kenjutsu (kiriotoshi)
© Nakano Shōji, Gakken 2005

Zur Geschichte der Onoha Ittō-ryū

Die Ittō-ryū wurde in der späten Muromachi-Zeit von Itō Ittōsai Kagehisa (ca. 1550-1644) gestiftet. Er wuchs als Waisenkind in der Küstensiedlung Itō auf und verbrachte seine Zeit mit selbst erdachten Fechtübungen. Nachdem der junge Yagorō das Dorf von einer marodierenden Räuberbande befreit hatte, machte er sich auf den Weg in die Hauptstadt. Während seiner Exerzitien am Tsurugaoka Hachiman-Schrein wurde er des Nachts hinterrücks aus der Dunkelheit angegriffen. Unversehens zog er sein Schwert und schlug den Gegner mit einem Streich nieder. Um seine Technik zu vervollkommnen studierte er in Edo Chūjō-ryū unter Kanemaki Jissai, der für seine exzellenten Kurzschwerttechniken bekannt war. Nachdem er die Lehren der Schule gemeistert hatte, begab sich Yagoro auf Kriegerwallfahrt (musha-shugyō). Während dieser Reisen durch Ost- und Zentraljapan änderte er seinen Namen in Itō Kagehisa und betitelte seinen Fechtstil erstmals als Ittō-ryū. Schließlich ließ er sich in Kyotō nieder, eröffnete dort ein Dōjō und erhielt den Beinamen Ittōsai. Nach dem vereitelten Mordversuch einer rivalisierenden Fechtschule begab er sich erneut auf Wanderschaft.

Insgesamt kämpfte Ittōsai unbesiegt in 36 Duellen. Auf der Reise nach Ōsaka begegnete er am Fluss Yodo einem Fährmann namens Zenki. Zum Kampf herausgefordert, besiegte Ittōsai Zenki und akzeptierte diesen als Schüler. Auf Ittōsais dritter Kriegerwallfahrt duellierte er sich in der Provinz Awa mit Mikogami Tenzen, der ebenfalls zu seinem treuen Anhänger wurde. Im Jahr 1588 erzwang Ittōsai das berühmte Duell bei Koganegahara zwischen den beiden Schülern, welches über die Erbfolge seiner Schule entscheiden sollte. Mikogami gewann den Kampf und nannte sich alsbald Ono Jirōemon.

Ono Jirōemon Tadaaki (1560-1628) seinerseits initiierte die Onoha Ittō-ryū. Er wurde von Tokugawa Ieyasu zum kenjutsu shinan-yaku berufen und erhielt so den Namen Tadaaki. In seiner Funktion als persönlicher Fechtmeister des Militärregenten unterwies er insbesondere den zweiten Shōgun Tokugawa Hidetada. Auf diese Weise konnte sich die Onoha Ittō-ryū zu einer der einflussreichsten ryūha der Edo-Zeit entwickeln. Tadaaki selbst nahm an mehreren Schlachten teil und war im ganzen Land als herausragender Schwertkämpfer bekannt. Sein Sohn, Ono Jirōemon Tadatsune (1600-1691), gilt der Onoha Ittō-ryū als weitere Stifterfigur. Unter verschiedenen Generationen von Tokugawa-Regenten verrichtete auch das dritte Schuloberhaupt, Ono Jirōemon Tadao, seinen Dienst.

Dessen Adoptivsohn, Ono Jirōemon Tadakazu, überlieferte die Fechttradition an den Daimyō von Tsugaru namens Tsugaru Nobumasa. Sein Nachfolger, Tsugaru Nobutoshi, wiederum brachte die Überlieferung in die Familie Ono zurück. Seit jener Zeit tradierten sowohl die Familie Ono als auch das Tsugaru-Geschlecht die Onoha Ittō-ryū fort. Zum Ende des 18. Jahrhunderts unterwies Ono Tadayoshi einen Vasallen der Tsugaru, der als Yamaga Hachirōzaemon Takami Ruhm erlangte. Bis in die Taisho-Zeit trugen die Familien Tsugaru und Yamaga das System gemeinsam weiter.

Damals bekam Sasamori Junzō (1886-1976) die Verantwortung als legitimes Oberhaupt (sōke) der Onoha Ittō-ryū übertragen; er hatte die beiden Traditionslinien wieder zusammengeführt. Unter seiner Leitung wurde in den späten 1960er Jahren der Reigakudō eröffnet. Sein Sohn, Pfarrer Dr. Sasamori Takemi (1933-2017), führte die Tradition in der 17. Generation fort. Er unterrichtete im Reigakudō neben Onoha Ittō-ryū die Stilrichtungen Shinmusō Hayashizaki-ryū Iai, Chokugen-ryū Ō-naginata und Shibukawa-ryū Jutte. Nach seinem Tod im Herbst 2017 hat Yabuki Yūji das Amt des 18. sōke der Onoha Ittō-ryū angetreten. Der Shinmyōkan pflegt engen Kontakt zum Reigakudō in Tōkyō und beherbergt die Onoha Itto-ryū Shibu Deutschland.


Öffentliche Vorführungen als Video auf YouTube

32. Nihon Kobudō Embu-Taikai
(8. Februar 2009, Nippon Budōkan)

Takeda Sōkaku Ō-50-nensai Daitō-ryū Aikibudō Kinen Embu-Taikai
(4. Oktober 1992, Nippon Budōkan)